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Cholerabaracke (Hamburg,1892) |
Die fürchterliche Höhe dieser Zahlen liegen auch daran, dass der Senat zuerst mit seiner Angst vor wirtschaftlichen Verlusten verweigert hatte, die Epidemie offiziell einzustehen.
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Robert Koch, um 1900 |
Das Cholera-Bakterium wurde erst acht Jahren vor der Hamburger Epidemie von Robert Koch entdeckt. Der Entdecker, damals Direktor des Berliner Hygienischen Instituts, wurde mit der Ausbruch der Epidemie sofort von der preußischen Gesundheitsminister nach Hamburg geschickt, wo er auch in den 1860er als junger Arzt am Allgemeinen Krankenhaus in Hamburg gearbeitet hatte. - Man vermutet freilich im Nachhinein, dass das lebhafte Trinkwasser der Hansestadt seine Karriere vom Arzt zum Begründer der Bakteriologie befördert hat.
Koch kommentierte im Angesicht der Lebensbedingungen in den armen Arbeiter-Vierteln der Stadt schockiert folgendermaßen:
„Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Anstekungskeim angetroffen wie in den sogenannten Gängevierteln, [...]. Meine Herren, ich vergesse, dass ich in Europa bin.“
Wie konnte aber in dieser wohlhabenden Stadt so was passieren?
Sechs Jahre nach dem Großen Brand von 1842 hatte ja Hamburg die erste zentrale staatliche Wasserversorgung in Europa bekommen. Ein lebenswichtiger Dienst, der bis dahin privat wirtschaftlich geleistet wurde.
Die Qualität des Wasser aus der Elbe, das in die Häuser durch dieses System geleitet wurde, war allerdings schon längst fragwürdig. - Die große Stadt Hamburg hatte nämlich 1892 noch keine Filteranlage für ihr Trinkwasser.
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Gängeviertel 1893 |
Im Vergleich war ja die Cholerasterblichkeit zum Beispiel an der reichen Außenalster nur 1 Prozent.
Auch in der kleineren Preußischen Nachbarstadt Altona wurde kaum jemand krank, weil Altona schon seit 1859 eine Sandfilteranlage und damit sauberes Trinkwasser hatte.
Nicht zuletzt kommen auch die wirtschaftliche Interessen ins Spiel:
Der Bau einer Sandfilteranlage soll eigentlich auch in Hamburg spätestens seit 1873 ein Thema in der Stadtpolitik sein. Der Senat lehnte es aber mit ihrer Sicherheit über "die Bekömmlichkeit des Elbwassers" ab. Dass die Realisierung dieses Projekts sich immer weiter verzögert hat, lag sicherlich nicht am mangelnden Mittel. Letztendlich als eine Filteranlage den Herren Hamburgs kostspielig schien, liefen riesen Bauprojekte der Speicherstadt, des Rathauses und großer Hafenanlagen auf Hochtouren. In der Verschiebung der Priorität spielten gewiss auch die Interessen der Hersteller von Hauswasserfiltern eine Rolle; allerdings nur wenige Haushälte konnten sich so eine Filter leisten.
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Arbeiter beim Bau der Filtrationsanlage im Wasserwerk Kaltehofe |
Was Hamburg ausmacht ist selbstverständlich mit der Kaufmannschaft der Stadt sehr eng verbunden. Die Kehrseite der Kaufmannschaft der Hamburger Pfeffersäcke hat allerdings 'einiges' in dieser Stadt zum Opfer gebracht und bringt immer noch, was nicht wirklich unvermeidbar war und ist ...
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* So sehen die Zahlen der schlimmsten Woche der Epidemie in einem zeitgenössischen Zeitungsbericht aus:
Datum | erkrankt | gestorben |
28. August | 1028 | 428 |
29. August | 980 | 393 |
30. August | 1081 | 484 |
31. August | 857 | 395 |
1. September | 842 | 394 |
2. September | 810 | 479 |
3. September | 780 | 440 |
Zweite Woche | 6378 | 3013 |
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